Der Mut, das Richtige zu tun

von BORG Innsbruck
06. November 2024

Gedenken an Hans Vogl - Lehrer und Widerstandskämpfer

Bereits zum 80. Mal jährte sich heuer der Todestag des politisch engagierten Lehrers und Widerstandskämpfers Johann Vogl, welcher am 30.06.1944 in München-Stadelheim hingerichtet wurde, weil er sich gegen den Nationalsozialismus gestellt hatte. Doch wer war dieser Hans Vogel und warum ist er für das BORG Innsbruck von Bedeutung?

Johann Nepomuk Vogel, genannt Hans, wurde am 3. April 1895 in Eben am Achensee geboren. Wie sein Vater wollte er Lehrer werden und besuchte deshalb die k.u.k. Lehrerbildungsanstalt in Innsbruck, eine Vorgängerschule des heutigen BORG Innsbruck. Während seiner Schulzeit trat er der katholischen Studentenverbindung Alemannia-Innsbruck bei, die auch heute noch mit dem BORG Innsbruck verbunden ist, und die unsere Schule auf das Schicksal von Hans Vogl aufmerksam gemacht hat.

Nach seinem erfolgreichen Schulabschluss war Vogl zunächst von 1918-1936 ein engagierter Volksschullehrer in Erl, anschließend Hauptschullehrer in Jenbach und schließlich in Zell am Ziller. Seine sozialistische und antiklerikale Gesinnung brachte ihm in der Zeit der Ersten Republik Österreich erhebliche berufliche Schwierigkeiten, die sich negativ auf sein Leben und auch das seiner Ehefrau und der vier gemeinsamen Kinder auswirkten.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten schien für Vogl zunächst alles einfacher zu werden. Er wurde Hauptschuldirektor in Zell am Ziller und trat in der Folge zunächst dem NS-Lehrerbund und kurz darauf auch der NSDAP bei. Doch nach anfänglicher Loyalität zum Nazi-Regime begann sich der Pädagoge ab 1941 im linken Widerstand zu betätigen. Er beteiligte sich an der Organisation kommunistischer/sozialistischer Zellen im Tiroler Widerstand und an illegalen Aktivitäten gegen das NS-Regime. Als die Widerstandsgruppe 1942 von der Gestapo aufgedeckt wurde, wurde auch Vogl verhaftet. Bei einer Hausdurchsuchung entdeckte die Gestapo seine umfangreiche „marxistische“ Bibliothek. Vogl wurde als Bedrohung für die nationalsozialistische Ordnung angesehen und wegen "staatsfeindlicher Umtriebe" verurteilt.

Zuerst war Hans Vogl in der Haftanstalt in Innsbruck, später im Konzentrationslager Dachau inhaftiert. In Dachau zählte er zu den „privilegierteren“ Häftlingen, und wurde als Schreiber und Leiter des Lagerchores eingesetzt, ohne dabei jedoch die unmenschlichen Lebensbedingungen seiner Mithäftlinge je aus den Augen zu verlieren. In zahlreichen Briefen an seine Familie beschrieb Hans das Leben in der Haft und nutzte seine Funktion, um die Briefe an der Zensur vorbeischmuggeln zu lassen. Nach einem erneuten Haftaufenthalt in Innsbruck wurde er nach München-Stadelheim gebracht, wo er im April 1944  wegen „Feindesbegünstigung“ und dem „Aufbau kommunistischer Zellen und der Förderung kommunistischer Bestrebungen“ zum Tode verurteilt wurde. Sämtliche Gnadengesuche seiner Frau und seines ältesten Sohnes verhallten ungehört und am 30. Juni 1944 wurde Johann Vogl hingerichtet.

In seinen letzten Aufzeichnungen an seine Familie schrieb Vogl: „Ich starb nicht, weil ich jemanden Böses getan habe, sondern weil ich immer auf der Seite der Armen und Hilflosen stand, also wegen meiner Weltanschauung. Das soll keine Schande für Euch sein. Ihr dürft stolz darauf sein. ‚Wer sich gegen den Nationalsozialismus stellt, wird ausgemerzt!‘ war die Urteilsbegründung am 14. April. Das richtige Urteil wird die Geschichte sprechen!“ Johann Vogl sollte mit dieser Prophezeiung recht behalten. Seit September 2019 erinnert in Zell am Ziller der erste goldene Stolperstein Tirols an sein Leben und seinen Kampf für soziale Gerechtigkeit und Freiheit während des Zweiten Weltkriegs. Und kurz vor seinem 80. Todestag im Juni 2024 wurde auch für seine Frau Hilde ein solcher Stein verlegt. Dieser erste Stolperstein für eine Witwe eines Ermordeten zeigt mahnend, dass dieser Schicksalsschlag weitreichende Folgen hatte: Hilde Vogl wurde nicht nur gezwungen, die Kosten für die Durchführung der Enthauptung und die Einäscherung des Leichnams ihres Mannes zu tragen, sondern sie verlor als Witwe eines Volksverräters jegliche Beihilfe, obwohl sie für drei minderjährige Kinder zu sorgen hatte.

Hans Vogl, der in diesem Schulhaus ein und aus ging und hier seine Ausbildung erhielt, bleibt ein Beispiel für den Mut, auch unter schwierigsten Bedingungen für das einzustehen, was man für richtig hält. Oder wie er es in einer Rede an seine Schulabsolvent:innen einst selbst formulierte:

„Ihr habt in der Schule bereits gelernt, wie man selbstständig, d. h. ohne besondere Anleitung und Führung, denken und handeln muss. Nun nehmt euch selbst in die Hand und stapft tapfer durch das Leben!“ (Hans Vogl)

Winnie Oberparleiter


Quellen und Bildquellen:
Mathies, Christian „Johann Vogl (1895-1944): Sozialist und Widerstandskämpfer“, in: Gaismair-Jahrbuch 2009, hg. v. Monika Jarosch, et. al, Innsbruck-Wien-Bozen 2008, S. 77-87. https://www.gaismair-gesellschaft.at/wp-content/uploads/2019/01/2009_C…

Schreiber, Horst. „Biografie von Hans Vogl“, In: Der Eduard-Wallnöfer-Platz in Innsbruck. https://www.eduard-wallnoefer-platz.at/biografie/Hans+Vogl/116
Dähling, Angela. „Gedenkstein für die Witwe von Nazi-Opfer Hans Vogl in Zell verlegt“. In: Tiroler Tageszeitung. https://www.tt.com/artikel/30886289/gedenkstein-fuer-die-witwe-von-nazi…

MS Zell am Ziller. „80. Todestag Johann “Hans” Vogl - Wir erinnern uns“, https://ms-zell.tsn.at/news/80-todestag-johann-hans-vogl-wir-erinnern-u…